Nachhaltig Fliegen ist nicht möglich, nachhaltigeres aber schon

Über 42 Millionen Flüge fanden im Jahre 2017 statt, also rund 115.000 Flüge am Tag weltweit. Der 29. Juni 2018 gilt laut Flightradar24 mit 202.157 Flügen weltweit als der flugreichste Tag in der Geschichte. Dank Billiglinien wie EasyJet oder Ryanair wird sich daran in naher Zukunft auch nichts verändern. Preise für Flüge innerhalb Europas werden oftmals für ein wenige Euro angeboten. Selbst Atlantiküberquerungen für rund 300 € sind keine Seltenheit mehr. Laut einer Prognose der International Air Transport Association (IATA) sollen im Jahre 2036 doppelt so viele Flugzeuge tagtäglich in der Luft sein wie heute. Klingt enorm viel und muss für unsere Umwelt doch schlimme Folgen haben, oder nicht?

Trotzdem beträgt der Anteil an den weltweiten Co2 Emissionen durch den Luftverkehr heutzutage lediglich 2,59%. Zum Vergleich: rund 18% gehen auf das Konto des Straßenverkehrs. Bedingt durch die große Höhe, in der Flugzeuge fliegen, ist die Klimawirksamkeit jedoch rund 3 mal höher als ein vergleichbarer Ausstoß in Bodennähe. Beim Fliegen kommt es jedoch nicht zum bloßen Ausstoß von Kohlenstoffdioxid, sondern zu vielen weiteren Emissionen von Treibhausgasen, sowie Luftschadstoffen und atmosphärischen Prozessen. Diese können die weltweite Klimaerwärmung verstärken, aber ebenso verringern.

Erwärmende Effekte:

Ausstoß von Kohlenstoffdioxid (CO2), welches den Treibhauseffekt verstärkt, indem es von der Erdoberfläche kommende Wärmestrahlen zurückwirft.

Bildung des treibhauswirksamen Gases Ozon infolge von Stickstoffoxiden (NOx) Emissionen.

Emission des treibhauswirksamen Gases Wasserdampf (siehe Kondensstreifen).

Absorption der Sonnenstrahlung durch die emittierten Rußpartikel. Diese meist schwarzen Kohlenstoffpartikel absorbieren die Wärmeenergie der Sonnenstrahlung und heizen die Umgebungsluft auf. Dieser Ruß kann sich zusätzlich auf schneebedeckte Flächen, z.B. die Polkappen, legen und somit die Reflektion der Sonnenstrahlen vermindern. Als Folge schmelzen diese schneller.

Bildung von Kondensstreifen oder Zirruswolken (lockere Ansammlungen von Eiskristallen), auch als Schleier – oder Federwolken bekannt. Diese hindern langwellige Wärmestrahlung daran, ins All entweichen zu können. Somit erhöht sich die Lufttemperatur in Nähe der Erdoberfläche. Logischerweise geschieht dies auch in umgekehrter Richtung, sprich Wärmestrahlung aus dem All wird reflektiert und kühlt die Luft ab. Jedoch geht man anhand von Studien davon aus, dass der erwärmende Effekt stärker ist.

Abkühlende Effekte:

Minderung der atmosphärischen Konzentrationen des treibhauswirksamen Gases Methan, auch infolge der NOx-Emissionen, u.a. Hydroxyl-Radikal (OH). Dieses geht eine chemische Verbindung mit Methan ein, welches dieses abbaut. Durch den Flugverkehr gibt es also weniger Methan in der Erdatmosphäre als ohne.

Reflektion der Sonnenstrahlung durch die emittierten Sulfataerosole, kleine, feste oder flüssige Schwebeteilchen, die das Sonnenlicht in den Weltraum zurücklenken.

Wie Du siehst beeinflusst der weltweite Flugverkehr die globale Erwärmung in beide Richtungen. Summa Summarum trägt er jedoch zur stetigen Erwärmung des Planeten bei. Solltest Du deswegen nicht mehr fliegen wollen? Natürlich nicht, aber dir für den Anfang einfach bewusst über die Auswirkungen sein.

Wie viel CO2 darf ich als Einzelperson im Jahr verbrauchen?

Die weltweite Staatengemeinschaft hat sich bereits Anfang der 90er Jahre darauf verständigt, dem Klimawandel Einhalt zu gebieten. Dafür wurde das sogenannte „Zwei-Grad-Ziel“ festgelegt, welches sich zum Ziel setzt, die globale Erwärmung auf weniger als zwei Grad Celsius bis zum Jahr 2100 gegenüber dem Niveau vor Beginn der Industrialisierung zu begrenzen. Im Jahre 2015 wurde dieses Ziel im „Übereinkommen von Paris“ auf 1,5 Grad verändert. Atmosfair sagt dazu Folgendes:

„Um dieses Ziel zu erreichen, verbleibt bis 2050 ein globales Emissionsbudget von ca. 750 Mrd. t CO₂. Bei einer angenommenen mittleren Weltbevölkerung von 8,2 Mrd. Personen im Zeitraum 2010 bis 2050 bedeutet dies, dass jedem Menschen auf dieser Erde ein klimaverträglicher Ausstoß von im Durchschnitt jährlich rund 2,3 t CO₂ zusteht.“

Du alleine darfst pro Jahr also rund 2300 Kilogramm Kohlenstoffdioxid generieren, ohne, dass dies eine negative Auswirkung auf die Umwelt hätte. Zur Veranschaulichung: fährt du ein Jahr lang Auto und legst rund 12.000 km zurück hast du bereits 2000 kg Kohlenstoffdioxid erzeugt.

Wie viel CO2 Emission erzeuge ich beim Fliegen?

Der Ausstoß von Schadstoffen richtet sich stark nach der Flugdauer bzw. Strecke, dem Gewicht und dem verwendeten Flugzeugtypen. Ein Flug von Berlin nach New York entlässt ca. 1600 kg Kohlenstoffdioxid in die Atmosphäre: pro Passagier. Fliegst Du stattdessen nach München sind es lediglich 130 kg. Weitere Beispiele:

StartflughafenZielflughafenungefährer CO2 Ausstoß pro Passagier
BerlinHamburg55 kg
BerlinKöln125 kg
BerlinParis223 kg
BerlinLondon248 kg
BerlinSingapur2750 kg
BerlinNew York1585 kg

Wie viel CO2 Emissionen verursacht ein Flugzeuge im Vergleich zu einem Auto, Zug oder Bus?

Die vom Umweltbundesamt Deutschland zur Verfügung gestellt Abbildung hilft die verschiedenen Verkehrsmittel gegeneinander einschätzen zu können. Interessant ist hierbei, dass ein PKW deutlich mehr Kohlenmonoxide sowie flüchtige Kohlenwasserstoffe in die Luft bläst als ein Flugzeug. Selbst beim Ausstoß von Treibhausgasen verliert ein Flugzeug mit „nur“ 40% mehr gegenüber einem durchschnittlichen Auto. Merke: willst du nachhaltiger Fliegen, verzichte auf das Auto auf dem Weg zum Flughafen. Nutze die öffentlichen Verkehrsmittel.

Fliegen wird immer effizienter

Fluggesellschaften, Flugzeughersteller sowie Flughäfen haben sich im Jahre 2009 weltweit auf eine Klimaschutzstrategie geeinigt, welche die Minderung von Kohlendioxidausstößen zum Ziel hatte . Durch Forschung und stetige Verbesserungen sowie Weiterentwicklungen an Treibstoffen oder Flugzeugtypen konnte man über die Jahre eine deutliche Entkopplung vom Treibstoffbedarf (hier Kerosin) und den transportieren Passagieren verwirklichen. Zur Verdeutlichung: seit 1990 hat sich der Luftverkehr in Deutschland mehr als verdreifacht, der Kerosinverbrauch lediglich verdoppelt. Schaut man sich die Daten der Lufthansa Group für das Jahr 2018 an, zeigt sich diese Entwicklung deutlich. Um einen Fluggast 100 Kilometer weit fliegen zu lassen benötigte man 2018 nur noch 3,68 Liter Kerosin. Das entspricht einer Reduktion von 4,5% zum Vorjahr (3,85 Liter). Emissionsfreiem oder nachhaltigen Fliegen sind wir damit noch lange nicht nah, jedoch sind kleine Schritte besser als keine.

Durchbrüche in der Wissenschaft könnte das Fliegen nachhaltig werden lassen

Startups wie „Agrisoma“ aus Kanada könnten hierbei eine wichtige Rollen einnehmen. Agrisoma produziert einen Kraftstoff aus Senfsamen. Unternehmensgründer Steve Fabijanski glaubt, dass dies die Flugindustrie bedeutend verändern und dazu beitragen könnte, den Ausstoß von Treibhausgasen zu vermindern. Auf einem Flug von San Francisco nach Zürich wurde eine United Airlines Boing 787 mit 30% dieses ökologisch weniger bedenklichen Kerosins betankt und produzierte so theoretisch 30% weniger Treibhausgase, glaubt man dem Unternehmen. Ziel sei es diesen Anteil auf 50% langfristig zu erhöhen. Biokraftstoffe könnten also die Lösung sein, da diese laut einer Studie der NASA den CO2-Ausstoß reduzieren und sogar weniger Ruß abgeben. Andere Ansätze wie die des Startups „Carbon Engineering“ versprechen, dass Kerosin während des Fluges aus dem in der Umgebungsluft enthaltenen CO₂ gewonnen werden kann. Seit 2015 arbeitet die ebenfalls in Kanada ansässige Firma bereits daran, mit Erfolg.

Was kann ich tun, um nachhaltiger zu Fliegen?

1) Die Qual der Wahl: entscheide dich für die klimafreundlichste Airline

Mit Hilfe des atimosfair Airline Index kannst Du dich vor deinen Reisen über die Klimaeffizienz beinahe aller Fluggesellschaften weltweit informieren. Dieser Index vergleicht jedes Jahr die 190 größten Airlines der Welt basierend auf ihren CO² Ausstößen. In diese Berechnung fließen unter anderem Informationen zu den verschiedenen Flugzeugtypen und dessen Triebwerke, aerodynamischen Winglets, Bestuhlung, Frachträume und natürlich die durchschnittliche Passagierauslastung. Wenn Du es auf die Spitze treiben möchtest, könntest Du auf den jeweiligen Flugzeugtyp achten. Eine Boing 787-9 oder die neuen Airbus A320neo benötigen selbst auf verbrauchsintensiven Langstrecken weniger als 3,5 Liter Kerosin pro Passagier und 100 Kilometer und legen die Messlatte für alle anderen Typen sehr hoch. 

2) Direktflüge immer effizienter als Flüge mit Zwischenstopp? Nicht immer, schau genau hin

Je nach Strecke kann es sein, dass ein Flug mit Zwischenlandung zum Auftanken klimafreundlicher ist als ein Nonstop-Flug. Die Rechnung geht sogar auf, wenn neuste Maschinen wie ein A350 gegen ältere Modelle antreten. Wie kann das sein fragst Du dich? Start und Landung verbrauchen doch extra viel Treibstoff heißt es immer. Trotzdem können leichte Bauweisen dank Carbon, neuste Triebwerke und beste Aerodynamik eines nicht ausgleichen: das Extragewicht an Kerosin, welches für einen Langstreckenflug ohne Zwischenlandung eingeplant werden muss. In solch einem Fall ist der Tank eines Flugzeuges meist vollgetankt. Auf der ersten Hälfte der Strecke wird die Hälfte dieses Treibstoffes quasi ohne Nutzen mittransportiert und das kostet Energie. Bei einem Airbus A360 ULR (Ultra Long Range) wären das bei einer Maximaltankmenge von 165.000 Litern rund 80.000 Liter, die auf der Hälfte der Strecke lange brach liegen, aber ein enormes Zusatzgewicht bedeuten. Daher kann es unter Umständen energiesparender sein, weniger Treibstoff an Bord zu haben, dafür jedoch einen Zwischenstopp einzulegen.

Auf atomosfair.de kannst Du dir deine persönlichen Verbrauchswerte für deine individuelle Reise ausrechnen lassen: https://www.atmosfair.de/de/kompensieren/flug

3) Versuche sowenig Müll wie möglich auf dem Flug zu produzieren

Nach Schätzungen der IATA haben Flugpassagiere 2016 weltweit rund 5,2 Millionen Tonnen Abfall produziert. Ein Großteil davon landete auf Mülldeponien oder wurde verbrannt. Innerhalb der nächsten 15 Jahre geht man von einer Verdoppelung dieser Zahl aus. Inkludiert sind hier auch Toilettenabfälle, so dass Flaschen, halb aufgegessene Mahlzeiten und deren Plastikverpackungen, sowie unbenutzte Zahnbürsten oder Kopfhörer etc. nicht im vollen Umfang dafür verantwortlich sind.

Informiere Dich vorab, ob du bei deiner Airline dein Essen abbestellen kannst. Leider wird dann oftmals trotzdem an Bord geladen, so dass dies keinen Effekt hat. Frage also genau bei der Fluglinie nach und bringe dein eigenes Essen an Bord. Dies sollte natürlich z.B. in Tupperdosen oder ähnlichen sein und nicht vorher am Flughafen in Plastik verschweißt gekauft worden sein.

4) Bringe deine eigenen Kopfhörer, Nackenkissen oder Schlafmasken etc mit

All diese Gegenstände sind aus oder mit Plastik und/oder werden darin verpackt. Ob nun Kopfhörer, um auf längeren Strecken Musik oder Filme zu schauen, Nackenkissen, Decken und Schlafmasken für den „erholsamen“ Schlaf an Bord: all dies kannst Du selber mitbringen. Dadurch wurde durch Dich erstmal kein Plastik eingespart, aber zumindest Reinigungen umgangen oder Neuanschaffungen verhindert. Zudem zeigt es den Fluggesellschaften, dass es weniger Bedarf für solche Dinge gibt. Dies ist ein langwieriger Prozess, ähnlich wie bei der täglichen Wahl im Supermarkt.

Selber mit ins Flugzeug nehmen kannst Du: Kopfhörer, Schlafmasken, Decken, Kissen, Besteck, Servietten oder Trinkbecher!

5) Kompensiere nach deiner Flugreise deinen CO₂ Fußabdruck durch eine Spende

Wie Du bisher gelernt hast erzeugt jede Reise mit dem Flugzeug eine nicht unbedeutende Menge an CO2, Methan, Stickstoffoxiden und anderen Partikeln, die eine negative Auswirkung auf die Umwelt und insbesondere der Klimaerwärmung haben. Mit dem CO₂ Fußabdruck-Rechner von Atmosfair kannst Du dir schnell aufzeigen lassen, wie stark Du persönlich die Umwelt belastest. Auf der erzeugten Menge an CO₂ wird ein Betrag ermittelt, den du an Atmosfair spenden kannst, die diesen wiederum an mehr als 20 Klimaschutzprojekte weiterleitet. Untergliedert in „Energieeffizienz“, „Windkraft, „Wasserkraft“, „Biogas & Biomasse“, Solarenergie und „Umweltbildung“ gibt es Projekte wie z.B. ein kleines und umweltfreundliches Kleinwasserkraftwertk in Honduras, welches umliegende Dörfer mit sauberer Energie versort. Somit kannst Du deinen CO₂ Ausstoß kompensieren und mit besserem Gewissen in den nächsten Urlaub fliegen!

Weitere Kompensationsmöglichkeit: myclimate.org